Wenn juristische Winkelzüge demokratische Entscheidungen aushebeln oder ein Fall von Anstandslosigkeit in der KZV Berlin
Ein Gastkommentar von Dr. Jürgen Brandt (Mitglied der Vertreterversammlung der KZV Berlin)
Zweimal hat sich die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin in seltener Deutlichkeit ausgesprochen. Zweimal wurde das Vorstandsmitglied Karsten Geist mit einer weit jenseits der notwendigen Mehrheit abgewählt. Es sprachen sich über 2/3 der Vertreter für seine Abwahl aus. Vorausgegangen waren monatelange Vorwürfe in Richtung Karsten Geist, die ihm fachliche Inkompetenz in nahezu sämtlichen Fragen der KZV-Führung sowie öffentliche Auftritte attestierten, die vielfach als unangemessen und peinlich empfunden wurden.
In einem Selbstverwaltungsorgan, in dem der demokratische Konsens und das Vertrauen der gewählten Vertreterinnen und Vertreter zentrale Grundlagen der Zusammenarbeit darstellen, ist eine derart klare Entscheidung mehr als ein bloßer Verwaltungsakt, sie ist Ausdruck eines tiefgreifenden Vertrauensverlustes.
Dass sich das abgewählte Vorstandsmitglied Karsten Geist dennoch mit juristischen Spitzfindigkeiten und dem Rückgriff auf formale Verfahrensfehler gegen diese klare Willensbekundung stemmt, stellt die KZV Berlin nun vor eine unhaltbare Lage. Die Vertreterversammlung sieht sich entmachtet, die Senatsaufsicht wittert die Chance zum Durchgriff, der Vorstand könnte gelähmt werden, die Mitarbeitenden sind zunehmend verunsichert. Die gewachsenen, auf kollegialer Zusammenarbeit beruhenden Strukturen der Selbstverwaltung drohen Schaden zu nehmen: politisch, moralisch und finanziell.
Die moralische Verantwortung in dieser Situation liegt nicht bei jenen, die sich, aus nachvollziehbaren Gründen, für eine Abwahl ausgesprochen haben, sondern bei demjenigen, der sich dem Urteil der demokratisch gewählten Gremien widersetzt. Eine Führungsposition in einem öffentlichen Gremium zu bekleiden, setzt nicht nur Fachkompetenz, sondern auch Integrität und Demut voraus. Wer diese Grundsätze hinter sich lässt, um sich an eine Funktion zu klammern, die ihm von der Mehrheit längst entzogen wurde, missbraucht das System und gefährdet die Handlungsfähigkeit der Institution.
Die Verantwortung liegt einzig und allein bei dem, der gegangen wurde und dennoch bleibt: Karsten Geist.
Auch wenn Gerichte vorläufig zugunsten des Abgewählten entschieden haben, ist das moralische Urteil längst gefallen. Vertrauen lässt sich nicht durch Paragrafen erzwingen, Führung nicht durch juristische Winkelzüge legitimieren. Wer sein Amt nicht mehr ausüben kann, ohne dabei das ganze System zu beschädigen, muss den Mut zum freiwilligen Rücktritt finden.
Nur ein Rücktritt kann jetzt weiteren Schaden abwenden. Für die KZV Berlin, ihre Gremien, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nicht zuletzt für das Ansehen zahnärztlicher Selbstverwaltung insgesamt.
Dr. Jürgen Brandt
Mitglied der Vertreterversammlung der KZV Berlin